Basisprogramm: Ernährung – 1. Teil

Im Kampf gegen eine zunehmend dicke und chronisch kranke Gesellschaft hat die Wissenschaft den einflussreichsten Teil der Lösung anerkannt: das Essen. Eine gesunde Ernährung entzieht zahlreichen Zivilisations- und Altersleiden die Basis und der Weg dorthin ist verblüffend einfach. Im Grunde nicht neu, eher was „Oma“ praktizierte. Nur sind die Empfehlungen heute wissenschaftlich untermauert. Nach unseren Beiträgen zur zentralen Rolle von Vitamin D (reformleben Nr. 46) und zu den Mechanismen der Regeneration zur Gesunderhaltung (reformleben Nr. 47, 48), heute einen ersten Blick auf die Ernährung. Fortsetzung folgt.

Falsche Dogmen

Das Dilemma der Fehlernährung begann im Grunde als der Mensch sesshaft wurde. Getreideanbau und Tierzucht machten uns dauerhaft satt, ganz ohne Jagen und Sammeln. Heute zwingen uns die Errungenschaften der modernen Technik endgültig in die Bewegungsarmut und das ständig überhöhte, durch die Nahrungsmittelindustrie stark veränderte Lebensmittelangebot passt so überhaupt nicht mehr zu unserem Stoffwechsel.

Weil Übergewicht als Ausgangspunkt zahlreicher Zivilisationsleiden gilt, dachte man lange der zu hoher Konsum fettreicher Nahrungsmittel sei das Problem. Fette liefern viel Energie und was wir nicht verbrauchen, landet in den Speichern an Bauch und Hüften. So weit richtig. Doch stellt sich heraus, dass daran weniger das Fett schuld, als der überhöhte Konsum schnell verfügbarer Kohlenhydrate aus stark verarbeiteter Kost (Hinweis auf „Warum wir krank werden Teil I“, reformleben Ausgabe Nr. 37) ist. Die „schnellen Zucker“ halten nicht nur den Blutzuckerspiegel ganztags hoch, was die Regulation des Blutzuckers ermüden lässt und zur Zuckerkrankheit Diabetes mellitus II führt. Hohe Blutzuckerspiegel lassen auch die Fette in die Speicher wandern und verschließen deren Pforten, weil der Körper sie zur Energiegewinnung schlicht nicht mehr braucht.

LowCarb bedeutet „Zurück auf Normal“

So wurde die Ära der fettreduzierten Lebensmittel der Gesundheit zuliebe sicherheitshalber durch „Low Fat“ ergänzt und keiner wurde mehr satt. Solche Diäten hält keiner durch, und sie sind auch nicht die Lösung. Sie entsprechen nicht unserem Stoffwechsel und begünstigen durch den Ausschluss zahlreicher Lebensmittel eine unausgewogene Ernährung.

Das Essen und wir haben uns entfremdet. Wohin geht also die Reise? Die Fette wurden inzwischen rehabilitiert und „Low Carb“ bedeutet nicht auf Kohlenhydrate akribisch zu verzichten, sondern wieder normal zu essen. Eine artgerechte Ernährung für uns Menschen ist automatisch „Low Carb“. Nur die industrialisierte Kost hat das Ganze aus dem Lot gebracht, vorrangig Fast Food und süße Limonaden. Sie liefert mit zu viel Zucker und reichlich ungesunden Fetten die falschen Stoffwechselsignale und ist arm an Vitalstoffen. Weil sie kaum Ballaststoffe und Eiweiß enthält, sättigt sie auch nicht nachhaltig und wir essen zu viel davon.

Ernährungswissenschaftler sprechen bei stark verarbeiteten Lebensmitteln von einer zerstörten „Food-Matrix“, die zu einer, die Kapazität des Stoffwechsels, überwältigenden Anflutung an Nährstoffen führt (lesen Sie dazu im reformleben Nr. 48 den Beitrag „Nährstoffe in der Food-Matrix„). Die Industrie hat Nahrungsmittel entworfen, die der Schnelllebigkeit Rechnung tragen, nicht aber unserem Stoffwechsel.

Eiweißversorgung in den Mittelpunkt stellen

Wir essen, bis wir satt sind. Das Ziel ist, bis dahin alle wichtigen Nährstoffe in ausreichenden Mengen zugeführt zu haben. Lassen Sie uns ein Verständnis dafür entwickeln, wie eine solche Mahlzeit zusammengesetzt sein sollte und wo die Prioritäten liegen.

An vorderster Front stehen die Proteine (Eiweiße). Sie haben eine zentrale Position in allen Lebensprozessen und dienen als Bausteine dem Aufbau und Erhalt von Muskeln, Knochen, Organen und Bindegewebe. Sie konstruieren Haut und Haare, Hormone und Nervenbotenstoffe, verschließen Wunden und managen in Form winziger Biokatalysatoren (Enzyme) den gesamten Stoffwechsel (Lesen Sie dazu auch in reformleben Nr. 46 „Proteine – der vergessene Nährstoff“). Proteine sind damit einem hohen Verschleiß und Verbrauch unterworfen und müssen ständig nachproduziert werden. 22 verschiedene winzige Bausteine sind dafür nötig, sogenannte Aminosäuren. Wir beziehen sie über die Nahrung, aus dem Abbau tierischer und pflanzlicher Eiweißquellen. Die Neuproduktion im Körper startet, wenn alle Aminosäuren in ausreichenden Mengen vorliegen, begrenzt vor allem durch die essenzielle Aminosäure „Leucin“. Mindestens 30 g in mindestens einer Mahlzeit pro Tag sollten aus hochwertigem Protein bestehen. Weil tierische Eiweiße besser bioverfügbar sind als pflanzliche, das heißt vom Körper einfacher aufzunehmen und zu nutzen sind, lohnt es sich besonders bei rein pflanzlicher Ernährung auf gute Proteinquellen zu achten.1 Defiziten kann mit einer Mischung aus konzentrierten Pflanzenproteinen als Nahrungsergänzung vorgebeugt werden.

Praxis Tipps

Die seltene Aminosäure „Leucin“ ist der limitierende Faktor bei der Eiweißproduktion. Da pflanzliche und tierische Eiweißquellen unterschiedliche Aminosäureprofile aufweisen, ist eine Mischkost für die Versorgung ideal.

Quellen für hochwertiges Eiweiß (pro 100 g)

Tierische Eiweißquellen:

  • Eier (16g Eigelb; 11 g Eiweiß)
  • Hühnchenbrust (20 g)
  • Hüttenkäse (11 g)
  • Rindersteak (23 g)
  • Thunfisch (25 g)
  • Wildlachs (20 g)

Planzliche Eiweißquellen:

  • Linsen (23 g)
  • Haferflocken (13 g)
  • Kichererbsen (19 g)
  • Kürbiskerne (30 g)
  • Erbsen (22 g)
  • Leinsamen (24 g)

Lucein-Quellen (vegetarisch):

  • Parmesan (36,6% Fett): 3500 mg
  • Gouda (45% Fett): 2620 mg
  • Frischkäse (50% Fett): 1400 mg
  • Magerquark: 1390 mg
  • Hühnerei: 1260 mg

Lucein-Quellen (vegan):

  • Sojabohnen: 2840 mg
  • Erbsen: 2340 mg
  • Weiße Bohnen: 2260 mg
  • Mungobohnen: 2200 mg
  • Linsen: 2110 mg

Keine Angst vor gesunden Fetten

Fette sind nicht nur die ergiebigsten Energielieferanten, weshalb der Körper sie als Speicherform gewählt hat. Fette bilden im Körper auch die Grundgerüste von Zellmembranen, Geweben und Signalmolekülen, wie den Hormonen.

Essenziell sind für unseren Körper vor allem die Omega-3-Fettsäuren, ungesättigte hochwertige Fettsäuren. An erster Stelle zwei Vertreter mit den unaussprechlichen Namen Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA). Sie beeinflussen die Herzgesundheit und die Fließeigenschaften des Blutes, halten die Blutgefäße elastisch, senken den Blutdruck und wirken sich günstig auf den Gehirnstoffwechsel und auf die Sehkraft aus. Außerdem wirken sie entzündungshemmend. Die empfohlene Tagesmenge liegt bei 250mg, was 1-2 Fischmahlzeiten pro Woche entspricht. Omega-3-Fettsäuren, wie DHA und EPA, kommen besonders in fettem Seefisch reichlich vor, in Lachs, Makrele oder Hering, aber auch vegan aus Algenöl.

Omega-6- zu Omega-3-Verhältnis

Die ungesättigte Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren spielen bei vielen Regenerationsprozessen und bei der Produktion der Sauerstoff transportierenden roten Blutzellen eine wichtige Rolle. Im Überfluss wirken sie sich jedoch ungünstig auf die Blutfette aus und fördern Entzündungen. Omega-3-Fettsäuren wirken hier ausgleichend. Die richtige Mischung macht´s. Als gesund werden aus der Forschung Verhältnisse von 1:1 bis 5:1 (Omega-3 zu Omega-6) genannt.

Da wir mit der durchschnittlichen Ernährung reichlich Omega-6-Fettsäuren, aber zu wenig Omega-3-Fettsäuren aufnehmen, sollte unbedingt auf eine ausreichende Omega-3-Zufuhr geachtet werden. Gute Lieferanten sind fetter Seefisch, Algenöl, Leinöl aber auch speziell für den Ausgleich zusammengestellte Mischungen mit einem hohen Anteil der wirksamen Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA. Achten sie beim Kauf deshalb auf lichtgeschützte Flaschen und lagern sie die Öle kühl. Am einfachsten lassen sich die erforderlichen Mengen an Omega-3-Fettsäuren durch eine hochwertige Nahrungsergänzung gewährleisten.

Bis Sie wissen, ob Sie gut versorgt sind, können Sie die Konzentration von Omega-3-Fettsäuren beim Arzt messen lassen. Für die positiven gesundheitlichen Effekte sollten Sie einen Omega-3-Index von über 8% anstreben (nach Prof. Dr. Clemens von Schacky).

Omega-3-Quellen für Veganer

Der rein pflanzlichen Ernährung bedarf auch hier besonderes Augenmerk. Die Fettsäurezusammensetzung bei Fischöl ist sehr günstig und kann gut vom Körper aufgenommen und verarbeitet werden. Zwar gibt es auch pflanzliches Öl mit Omega-3 Fettsäuren. Pflanzliche DHA und EPA können aber nur aus Algen gewonnen werden. Die sonst einzige pflanzliche Omega-3 Fettsäure, die alpha-Linolensäure (ALA), kann nur zu geringen Teilen in EPA und DHA umgewandelt werden. Öle wie Lein-, Walnuss- und Rapsöl enthalten hohe Mengen dieser entzündungshemmenden Fettsäure.


Fußnoten:

1 Ph J Pinckaers, I W Kouw, S HM Gorissen et al: Die synthetische Reaktion von Muskelprotein auf die Einnahme einer pflanzlichen Proteinmischung unterscheidet sich nicht von einer äquivalenten Menge Milchprotein bei gesunden jungen Männern. J Nutr (2023). 152(12):2734-2743