Plastikmüll ist derzeit in aller Munde und nicht nur im übertragenen Sinn: Tiere im Wasser und an Land fressen ihn, weil sie unseren Abfall mit Nahrung verwechseln, und auch in unseren Körpern sind Kunststoffe in Form von Mikroplastik längst angekommen, weil wir es mit dem Trinkwasser zu uns nehmen. Es ist also höchste Zeit, dass sich an unserem Umgang mit Kunststoffen etwas ändert, dass wir alle bewusster hinschauen und, das wir versuchen, weniger von diesem gefährlichen Müll zu verursachen.

Kunststoffe – ihre Vorteile sind gleichzeitig ihre Nachteile

Extrem vielseitig verwendbar, preiswert in der Herstellung und sehr lange haltbar – mit diesen besonderen Eigenschaften haben die Kunststoffe ab den 1960er-Jahren unser Leben komplett erobert und sind überall in Haushalt und Industrie zu finden. Sie machen das Leben bunt und einfach und passen deswegen gut in unsere schnelllebige Zeit. So setzte die deutsche Kunststoffindustrie laut „Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie“ im vergangenen Jahr 65,7 Mrd. Euro um und erreichte damit ein neues Rekordhoch. Fast zwei Drittel des Umsatzes entfielen auf das Inland.

Leider jedoch hat sich niemand von Anfang an darüber Gedanken gemacht, was eigentlich mit all dem Plastik passiert, das wir nicht mehr brauchen. Das meiste existiert immer noch irgendwo, weil es sich nicht in der Natur abbaut: Der Vorteil der guten Haltbarkeit wird in dem Moment zum Nachteil, wenn wir den geborstenen Plastikeimer oder den kaputten Wasserkocher nicht mehr benutzen. Überflüssige Kunststoffe haben wir früher erst nur einfach weggeworfen, später ab 1991 dann in die gelbe Tonne mit dem grünen Punkt entsorgt. So hatten wir ein gutes Gewissen, denn unser Plastikmüll wird ja recycelt und führt Rohstoffe in den Wirtschaftskreislauf zurück. Dachten wir zumindest … Aber wie sieht die Realität aus?

Müllexport statt Recycling

Tatsächlich wird nur ein geringer Teil des Kunststoffmülls wirklich recycelt: Geht die Bundesregierung von 39 Prozent aus, rechnen Abfallexperten mit deutlich geringeren Zahlen, und zwar nur mit enttäuschenden knapp 6 Prozent! Der ganze Rest wird in Kraft- und Zementwerken verbrannt oder exportiert. Ein Großteil des Plastikmülls kann nämlich gar nicht in dem Sinne recycelt werden, dass er danach als vollwertiger Rohstoff eingesetzt werden kann. Es handelt sich um sogenannte Verbundstoffe. Bei ihnen ist der Kunststoff mit anderen Materialien verbunden. Tetrapacks sind das bekannteste Beispiel: Sie bestehen aus Pappe, Aluminium und Plastik. Sie kommen zwar in den gelben Sack, aber mehr als einmal verbrennen und dabei einmal Energie daraus zu gewinnen, geht nicht. Für ein richtiges Recycling, bei dem in einem nachhaltigen Wirtschaftskreislauf immer wieder hochwertige Produkte hergestellt werden, eignet sich nur sortenreiner Kunststoff. Da es aber eine Unzahl an unterschiedlichen Kunststoffen gibt, ist die Recyclingquote heute immer noch so niedrig.

Wie bio ist Bioplastik?

Bioplastik klingt gut und ist vielleicht die Lösung unseres Müllproblems? Wohl eher nicht, denn bis jetzt ist der Begriff nicht einmal klar definiert. Dahinter kann sich Kunststoff verbergen, der nur zum Teil aus nachwachsenden Rohstoffen produziert wird. Das blockiert wertvolle Anbauflächen für Nahrungsmittel oder Flächen, die zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen könnten. Oder es ist von biologisch abbaubaren Kunststoffen die Rede. Das funktioniert tatsächlich. Aber so langsam, dass Kompostieranlagen verstopfen, wenn diese Plastik-Arten einfach in dieBiomülltonne geworfen werden. Was also hilft wirklich gegen die Massen an Plastikmüll?

Plastikfreier leben hilft

Am wirksamsten und nachhaltigsten können wir Verbraucher dafür sorgen, dass die Müllberge nicht weiter so stark wachsen: Wir kaufen einfach weniger Produkte aus Kunststoff!

Machen Sie ein Experiment und untersuchen Sie eine Woche lang all Ihre Einkäufe auf Plastik, und zwar nicht nur auf unmittelbar sichtbare Kunststoffe. Neben einer großen Menge an Verpackungen von Lebensmitteln und anderen alltäglichen Produkten wie Zahncreme, Kosmetika oder Papiertaschentüchern bestehen auch viele gebräuchliche Gegenstände wie Zahnbürsten oder Kugelschreiber ganz oder teilweise aus Plastik. Aber schauen Sie noch genauer hin und lesen Sie mal das Kleingedruckte: Auch Wattepads zum Abschminken oder Tampons, von denen wir gemeinhin denken, sie bestünden aus Papier, enthalten Kunststoffe, um die Gebrauchseigenschaften zu verbessern.

Mit diesem neuen Bewusstsein kaufen Sie dann ein: Kaufen Sie lose Waren, wo es geht, und bringen Sie Ihre eigenen Stoffbeutel und -netze mit. Das klappt inzwischen schon fast überall bei Obst und Gemüse, in Bäckereien und sogar immer öfter an Fleisch- und Wursttheken. Wenn dort hinter der Theke abgewogen wird und die Waren dann auf der Ablage in Ihre mitgebrachten Behälter gelegt werden, ist das genauso hygienisch wie sonst und es spricht rechtlich nichts dagegen. Das alles ist ohne großen Aufwand leicht umzusetzen und spart schon viel Plastikmüll: Sie werden es an Ihrer gelben Tonne merken!

Bewusst ersetzen

Aber auch unsere Haushalte sind von Kunststoffen durchsetzt, ohne dass wir es wahrnehmen, und vor allem die Küchen wimmeln nur so von Plastikartikeln: Spülbürsten, Seifenspender, Schneidbretter, Behälter für Kühlschrank und Gefrierfach, Messergriffe, Tischsets, Toaster, Waffeleisen … Sie werden sicher noch mehr entdecken, wenn Sie sich umschauen. Ganz ähnlich ist es im Badezimmer. Aber auch viele Teppiche oder Kuscheldecken, Kissen, Kleidungsstücke, ein Großteil der Sportbekleidung bestehen ganz oder teilweise aus Kunststoffen.

Wenn Sie diese langlebigeren Artikel ersetzen müssen, können Sie auf Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit achten: Glas, Edelstahl und Holz erfüllen in Küche und Bad ebenso gute Dienste wie Plastik und halten oft ein Leben lang. Bei Kleidung und bei Textilien im Wohnund Schlafbereich setzen Sie auf Naturstoffe wie Wolle, Baumwolle, Leinen, Leder, Seide, Hanf, Jute, Sisal oder Viskose und Modal. (Viskose und Modal bestehen aus Holzfasern.) Bei Bodenbelägen kommen neben Holz, Fliesen und Wollteppichen auch Kork und Linoleum in Frage, das aus Kreide, Leinöl, Korkmehl und Jutegewebe besteht.