Dass es eine Verbindung zwischen unserer Psyche und unserem Darm gibt, war bisher wohl eher eine Vermutung als eine Gewissheit. Sätze wie „Damit habe ich Bauchschmerzen“, Davor habe ich schiss“ oder „Bei der Sache habe ich ein komisches Bauchgefühl“ deuten darauf hin, dass es diese Darm-Hirn-Achse irgendwie geben muss. Aber ist das auch wissenschaftlich belegt? In der Tat besteht zwischen dem Darm und dem Gehirn eine enge Verbindung.

Schaltzentrale „Darmhirn“

Der Darm wird von mehr als 100 Millionen Nervenzellen umhüllt, welche die Darmmuskulatur steuern und den Transport der Nahrung gewährleisten. Diese Nerven werden umgangssprachlich auch oft als „Darmhirn“ bezeichnet. 90 Prozent der Informationen verlaufen vom Darmhirn in die Schaltzentrale im Kopf, aber nur zehn Prozent in umgekehrter Richtung. Dies geschieht zum einen über Nervenverbindungen im Rückenmark und zum anderen über den zehnten Hirnnerv, den Nervus vagus, der vom Hirnstamm zum Verdauungsapparat verläuft und an vielen Regulationsvorgängen im Gastrointestinal-Trakt beteiligt ist.

Darmflora – Ursache oder Folge psychischer Erkrankungen?

Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, auch unserer Darmflora, dem Mikrobiom, eine Bedeutung für die psychische Gesundheit zu unterstellen und folgerichtig eine Behandlung psychischer Erkrankungen mit Probiotika, also Präparaten mit Milchsäurebakterie oder Hefen, zu unterstützen. Die Forschung hierzu steht allerdings noch ganz am Anfang – und ist sich sogar noch nicht einmal einig darüber, ob im Hinblick auf psychiatrische Erkrankungen zuerst die Erkrankung oder zuerst eine Störung der Darmflora vorlag. Diese könnte sowohl für das Risiko der Erkrankung als auch für deren Schwere verantwortlich sein. Ebenso gut könnten eine psychische Erkrankung und der dadurch ausgelöste Stress aber auch Auslöser einer Veränderung der Darmflora sein. Denkbar ist auch, dass dieselben Risikofaktoren aus der Umwelt (wie u.a. eine schlechte Ernährung) sowohl die Gesundheit des Darmes als auch des Gehirns beeinträchtigen.

Zusammenhang von Störungen des Darms und der Psyche

Tatsächlich ist durch eine Vielzahl von Studien belegt, dass eine Störung der Darm-Hirn-Achse mit neuropsychologischen Erkrankungen – aber auch mit dem Auftreten des Reizdarms – verbunden ist. Die Darmbakterien spielen eine wichtige Rolle bei der Kommunikation zwischen dem Darm und dem Gehirn. In der Wissenschaft ist man zunehmend davon überzeugt, dass die große Ansammlung von Mikroorganismen im Darm einen großen Einfluss auf den Gemütszustand hat. So kann ein verändertes Mikrobiom zu neuropsychologischen Störungen, einschließlich Depressionen und Autismus-Störungen führen. Insbesondere Depressionen werden neuerdings mit einer Störung des Mikrobioms in Verbindung gebracht. In Tierversuchen führte die Manipulation der Darmflora zu einem ängstlichen oder depressiven Verhalten. In einem Versuch ließ sich ein solches ängstliches Verhalten sogar über die Darmflora auf ein anderes Tier übertragen! Als Ursache werden entzündliche Prozesse vermutet, bei denen der Darm offenbar eine wichtige Mittlerfunktion innehat.

Können Probiotika helfen?

Die grundlegende Erkenntnis, dass im Rahmen der Darm-Hirn-Achse ein Zusammenhang zwischen einer Störung der Darmflora und neuropsychiatrischen Erkrankungen besteht, ist sehr neu. Deshalb kann zu diesem Zeitpunkt natürlich auch noch keine endgültige Aussage darüber getroffen werden, ob Probiotika bei diesen Krankheitsbildern eine positive Wirkung entfalten können, auch wenn einige Forscher bereits euphorisch von „Psychobiotika“ sprechen. Damit sind probiotische Bakterienstämme gemeint, die in der Lage sind, direkt auf die Darm-Gehirn-Achse zu wirken. Bis solche konkreten Bakterienstämme tatsächlich identifiziert sein werden, sollte man auf hochwertige Breitbandprobiotika setzen, wenn man seine Psyche über die Darmflora unterstützen möchte. Das sind Präparate mit Milchsäurebakterien, die mit einer hohen Dosierung (über 100 Milliarden/Tag) und einer umfangreichen Zahl an Stämmen einer die psychische Erkrankung auslösende Störung der Darmflora gezielt entgegenwirken.