Kopfschmerzen sind quälend und der Griff zur Tablette verspricht schnelle Hilfe. Die aber ist trügerisch. Sanfte Alternativen sind oft die bessere Therapie.

Kopfschmerzen kommen direkt nach Rückenschmerzen. Als zweithäufigste Schmerzform quälen sie mehr als die Hälfte aller Deutschen, jeden Vierten regelmäßig und Frauen häufiger als Männer. Das schmerzhafte Hämmern, Stechen und Dröhnen im Schädel ist in der Regel harmlos, kann den Alltag mit ausgeprägtem Krankheitsgefühl aber stark beeinträchtigen. Das gilt besonders für die Migräne.

Zum Arzt sollten Sie vor allem, wenn die Schmerzen plötzlich und sehr stark auftreten, an mehr als 10 Tagen pro Monat (chronisch) oder mit Begleitsymptomen. Dann können Erkrankungen dahinter stecken, zum Beispiel eine Sehschwäche, Nerven- oder Gefäßleiden oder Bluthochdruck und die Behandlung der Grunderkrankung steht im Vordergrund.

Schmerzmittel nur im Notfall

Wer regelmäßig zur Tablette greift, treibt den „Teufel mit dem Beelzebub“ aus. Schmerzmittel mit Wirkstoffen, wie Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol oder Ibuprofen, greifen regulierend in das Gleichgewicht der Gehirnbotenstoffe ein. In Maßen (bis zu 10 x/Monat) ist das verträglich. Wer über Jahre mehrfach wöchentlich Tabletten schluckt, kann eine anhaltende Erschöpfung wichtiger Botenstoffe im Gehirn auslösen, die Schmerzschwelle senken und so einen schmerzmittelbedingten Dauerkopfschmerz riskieren. Obendrein drohen Schäden an den entgiftenden Organen (Leber und Nieren), an der Magenschleimhaut und am Nervensystem. Heldentum ist auch keine Tugend. Wer den Schmerz einfach erträgt, erzeugt damit Stress, der ebenfalls zu Dauerkopfschmerzen führen kann.

Welcher Kopfschmerztyp sind sie?

Je nach Art, Position und Auslöser der Schmerzen werden einzelne Kopfschmerztypen unterschieden. Man kennt heute über 200. In den allermeisten Fällen handelt es sich um den sogenannten Spannungskopfschmerz, gefolgt von der Migräne. Zusammen bestreiten diese beiden Formen über 90 Prozent aller Fälle. Wenn sie wissen welchen Typ sie haben, können Sie Häufigkeit, Dauer und Intensität der Schmerzen durch das richtige Verhalten minimieren.

Spannungskopfschmerz

Leicht bis mittelschwer, beidseitig dumpf drückend, wie ein zu eng sitzender Helm. Erträglich, aber zermürbend. Intensität steigert sich oft langsam über den Tag. Spannungskopfschmerzen werden durch körperliche Aktivität nicht schlimmer, oft sogar besser. Typische Auslöser: Psychosozialer Stress, Schlafdefizit, einseitige Belastungen, z. B. nach langer Arbeit am PC. Muskelverspannungen spielen eine Rolle bei der Schmerzentwicklung.

Migräne

Intensive Attacken, oft unerträglich, sehr belastend. Frauen häufiger betroffen. Es pulsiert und hämmert ein- oder wechselseitig im Kopf, nicht selten mit Übelkeit. Körperliche Anstrengung verschlimmert die Beschwerden. Lärm- und Lichtempfindlichkeit. Vorher kann eine „Aura“ auftreten: kleine Blitze, Flimmern vor den Augen, Kribbeln in Armen und Beinen. Typische Auslöser: Hormonelle Schwankungen (weiblichen Zyklus), Stress, Änderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus. Oft familiäre Veranlagung mit Botenstoffungleichgewicht im Gehirn, schmerzempfindlichen entzündlichen Gefäßen im Kopf. Migräne gehört in ärztliche Behandlung.

Cluster-Kopfschmerz

Kurz, sehr heftig, streng einseitigen, oft in den frühen Morgenstunden oder kurz nach dem Einschlafen, auch mehrmals täglich. Stark brennend und stechend, oft hinter dem Auge. Die Schmerzen strahlen bis in den Kiefer aus. Der Körper reagiert mit Unruhe, geröteten, tränenden Augen, hängenden Lidern und einer laufenden Nase. Schweiß steht im Gesicht. Auslöser unbekannt. Genetische Veranlagung gilt als gesichert. Männer trifft es häufiger.

Den Schmerz verstehen lernen

Was genau schiefläuft, wenn es hämmert, sticht und brummt, liegt, trotz intensiver Forschung, weiter im Dunkeln. Irgendetwas scheint bei der Entstehung, Weiterleitung oder Hemmung von Schmerzen aus dem Ruder zu laufen. Fast immer gibt es Auslöser. Manchmal ist es das Glas Wein am Abend, manchmal der Chef, manchmal das weiblich hormonelle „Auf und Ab“, manchmal das Wetter. Käse kann Migräneattacken auslösen, Magnesium und Fischöle Kopfschmerzen durch Gefäßentzündungen verbessern. Die Erscheinungsformen und Zusammenhänge sind komplex wie bei kaum einer anderen Krankheit. Um zu erkennen, wo der „Hase im Pfeffer“ liegt, brauchen wir ein Schmerztagebuch. Dokumentieren sie Ihren Tag über ein oder zwei Monate tabellarisch:

  • Wie war der Schmerz? (stark, mittel, schwach, pochend, ziehend, dumpf drückend, ringförmig spannend)
  • Wo und wie lang haben Sie ihn gespürt?
  • Was haben Sie gegessen?
  • Was und wieviel haben sie getrunken?
  • Alkoholkonsum?
  • Wie viel und wie gut haben Sie geschlafen?
  • Wie lange waren sie in geschlossenen Räumen und an der frischen Luft?
  • Gab es Stressfaktoren?
  • Wie war das Wetter?
  • Haben Sie Medikamente eingenommen?
  • Bei Frauen: Wechseljahrbeschwerden? Periode?
  • Begleitsymptome? (z. B. Schwindel, Übelkeit, Lichtempfindlichkeit).
  • Sonstiges? (z. B. Reisen, andere Erkrankungen, Besonderheiten in der Arbeit)

Das Tagebuch stützt die Treffsicherheit der ärztlichen Diagnose und hilft versteckte Auslöser, wie Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Wetterfühligkeit, zu entdecken.

Natürlich gegen den Schmerz

Bei leichten bis mittelschweren Kopfschmerzen hält die Natur viele wirksame Alternativen zur Schmerztablette bereit. Sie entspannen, durchbluten und nehmen das Schmerzempfinden. Ihre Stärke zeigt sich in der Kombinationen

Ausreichend trinken

Mindestens zwei Liter Flüssigkeit pro Tag. Wasser, verdünnte Fruchtsäfte, Suppen, Kräuter- Tees. Flüssigkeitsmangel behindert den gesamten Stoffwechsel, was auf vielen Wegen zu Kopfschmerzen führen kann. Bei Herz- oder Nierenleiden sollten Sie mit dem Arzt klären, wie viel Sie trinken dürfen.

Der Hektik des Alltags entfliehen

Stress verspannt die Muskeln, erhöht den Blutdruck und nimmt den Schlaf, was Kopfschmerzen verursacht. Alles was entspannt ist daher gut, z. B. die Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga, Autogenes Training, Sauna, ein Spaziergang, ein Hobby oder auch nur ein Kaffee mit einem guten Freund. Einfach mal Füße hoch und die Seele baumeln lassen.

Wärme oder Kälte?

Wärme entspannt schmerzhaft verkrampfte Muskeln und hat sich besonders bei Spannungskopfschmerzen bewährt. Ideal sind Moorwärmekissen. Sie wirken länger und ihre Wärme dringt tiefer ins Gewebe ein. Im Nacken, im Schulterbereich und am oberen Rücken weiten sie auch die gehirnversorgenden Blutgefäße und verbessern so die Kopfdurchblutung.

Bei Migräne ist Wärme am Kopf oft zu viel. Eine Alternative sind hier warme Fuß- und Armbäder oder aufsteigende Fußbäder (von 35-45° C), um die Durchblutung über den ganzen Körper zu fördern. Ein warmes Vollbad senkt den Blutdruck, was bei Spannungskopfschmerzen gut, bei Migräne eher schlecht sein kann.

Kälte verringert die Schmerzwahrnehmung. So sind auch kalte Gelkissen oder ein kalter Nackenguss oft angenehm. Ein Massagestrahl fördert zusätzlich die Durchblutung und löst Verspannungen. Kalte Fuß- oder Armbäder und Wechselbäder helfen, wo Kreislaufprobleme, wie ein zu niedriger Blutdruck den Kopfschmerz auslösen.

Massagen

Der Wohlfühltipp bei Kopfweh schlechthin. Entspannung und Durchblutungsförderung zugleich. Wer keinen Masseur hat, nimmt Zeige- und Mittelfinger und massiert kreisend unter leichtem Druck Schläfen, Stirn und den Nacken. Wo dauerhafte Muskelverspannungen oder Wirbelsäulenfehlstellungen den Schmerz auslösen helfen medizinische Massage, manuelle Therapie und Osteopathie.

„Kreislauf-Turbo“

Eine Tasse Espresso mit dem Saft einer halben Zitrone. Das hemmt Botenstoffe im Gehirn, die für die Schmerzübertragung zuständig sind und regt den Kreislauf an. Die knackige Kombi gilt als natürlicher Schmerzkiller, besonders bei „Kater“.

Heilkräuter – von „Natur aus“ gut

Weidenrinde enthält Salicylate, die dem Schmerz- und Entzündungshemmer Acetylsalicylsäure (ASS) ähnlich sind. Quasi ein natürliches „Aspirin“. Rosmarinöl entspannt die Muskeln, hilft gegen entzündliche Nerven und regt den Kreislauf an. Lavendel oder Melisse entspannen, beruhigen und fördern mild den Schlaf. Entsprechende Auszüge gibt es als Teezubereitung, Badezusatz oder Öle zum Massieren der Schläfen im Reformhaus. Als besonders wirksam hat sich die Kombination von Pfefferminz-, Cajeput- und Eukalyptusöl erwiesen. Das ätherische Menthol des Pfefferminzöls und das Cineol der beiden anderen Komponenten wirken schmerzlindernd und muskelentspannend und die flüchtigen Öle hinterlassen eine erfrischende Kühle auf der Haut. Das Einreiben der schmerzenden Stellen an Kopf und Nacken hat sich besonders bei Spannungskopfschmerzen bewährt. Pfefferminzöl ist wissenschaftlich gut untersucht.

Es hemmt die Schmerzweiterleitung zum Gehirn, durch sogenannte C-Fasern, blockiert Botenstoffe, die die Muskeln verspannen und fördert die Durchblutung der Haut und tieferer Gewebe.

Vorbeugen: Das Wichtigste in Kürze

Um dem Kopfschmerz von morgen zu entrinnen, muss man seinen Tag heute neu organisieren. 6 Tipps für einen Kopfschmerz freien Alltag:

  • Täglich frische Luft und etwas Bewegung. Regelmäßig Ausdauersport an der frischen Luft (Wandern, Radfahren, Laufen etc.)
  • Frische unbehandelte Nahrung mit reichlich Gemüse und Obst, ausreichend trinken, möglichst wenig Zucker, Alkohol und Nikotin
  • Regelmäßiges Lüften in Wohn-/Arbeitsräumen
  • Feste Schlafzeiten mit ausreichend Schlaf
  • Regelmäßig autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga, Sauna, Massagen oder andere Entspannungsrituale
  • Stress am Arbeitsplatz, unter Freunden oder in der Familie lösen