Die Berichterstattung zur Covid-19-Pandemie war zeitweise erschöpft. Da musste anscheinend eine andere Sensation her, um das Sommerloch des angesehenen Nachrichtenmagazins zu füllen. Da könnten etwa Omega-3- Fettsäuren wieder mal angegriffen werden, zumal einigen Leserinnen/Lesern die optimale Versorgung damit wichtig – und hilfreich – ist.

Falsches Heilmittel?

Da kann man mal ordentlich auf die Pauke hauen, dachte der Journalist Jörg Blech wohl, als er flott schrieb: „Omega-3-Fettsäuren fördern angeblich die Gesundheit. Nun gibt es Hinweise, dass sie im Übermaß den Darm krank machen können“. Tatsächlich im Übermaß wurden die Leserinnen und Leser dieses Journals mit zweifelhaften, unbegründeten und verkehrten Informationen versorgt. Gekrönt wurde das Werk von dem Titel „Falsches Heilmittel“. Meines Erachtens wäre Fehlinformation als Titel zutreffender gewesen.

Herr Blech, der Autor, mag es ja gut gemeint und vielleicht nicht besser gewusst haben. Er beruft sich auf „eine Studie unter Federführung der Medizinischen Universität Innsbruck, die im Fachblatt ‚Nature Communications‘ veröffentlicht wurde.“ Die Forscher gaben Mäusen Futter zu fressen, das mit Fischöl angereichert war. Daraufhin entwickelten etliche Nager eine Entzündung des Dünndarms. Der an dem Experiment beteiligte Arzt Timon Adolph befürchtet „mehrfach ungesättigte Fettsäuren könnten auch bei Menschen den Darm krank machen“.

Zweifelhafte Begründung

Zweifelhafte Ergebnisse von Experimenten mit Mäusen werden hier flockig auf die Genese einer multifaktoriell bedingten Krankheit des Menschen, Morbus Crohn, übertragen. Äußerst fragwürdig ist das. Wer sich jedoch die Mühe macht, die Ausgangspublikationen zu studieren „Mehrfach ungesättigte Fettsäuren lösen Morbus-Crohn-ähnliche Darmentzündungen aus“, liest da erst mal Banales: „auf der Suche nach entzündlichen Nahrungsbestandteilen haben wir einen neuen Ansatz verfolgt. Wir haben für unsere Untersuchungen im Labor eine Diät zusammengestellt, die der Zusammensetzung einer westlichen Ernährungsweise entspricht. Dabei wurden nicht nur gesättigte Fettsäuren, sondern auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die gehäuft in Fleisch, verschiedenen Ölen und Eiern vorkommen, in einer Diät angereichert und Labormäusen über 3 Monate gefüttert“, so Adolph.

Studie – keine Rede von Omega-3-Fettsäuren

Von den Omega-3-Fettsäuren, die Herr Blech im Spiegel so heftig attackiert, ist da explizit gar nicht die Rede. Bestimmt wissen die Autoren der Studie genau, dass die Arachidonsäure – eine vierfach ungesättigte Omega-6-Fettsäure aus Fleisch und Eiern – entzündungsfördernd ist. Dagegen wirken Omega-3-Fettsäuren etwa aus Alphalinolensäure/Leinöl entzündungshemmend. Aber so differenziert wird das in der Studie aus Innsbruck von L. Mayr, F. Grabherr und T. Adolph Diaetary Lipids fuel GPX4-restricted enteritis resembling Crohns disease nicht ausgesagt. Auch daher sind die Behauptungen von Herrn Blech zu Omega- 3-Fettsäuren „Falsches Heilmittel“ schlicht daneben. Der Kern der angeführten Experimente mit Mäusen war übrigens die gentechnische Veränderung der Glutathionperoxidase 4. Das ist ein wichtiges körpereigenes Enzym, das die essenziellen Omega-3-Fettsäuren im Organismus vor allem in den Zellwänden und Mitochondrien vor Oxidation schützt.

Oxidationsschutz ausgeschaltet

Im einfachen Klartext: Das Studienergebnis „Nahrungsfette feuern … Morbus-Crohn-ähnliche Entzündungen an“ konnte erst dargestellt werden, wenn das schützende Enzym Glutathionperoxidase experimentell ausgeschaltet war.

Daraufhin kann sich nun jede/jeder den eigenen Reim machen.

Im Basisprogramm für längere Gesundheit übrigens wird neben optimal dosierter Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren, vorzugsweise aus hochwertigem Leinöl, auch die Nahrungsergänzung mit 50–100 μg Selen/Tag empfohlen. Selen ist essenziell für die körpereigene Bildung der Glutathionperoxidase, deren Wirkung im Mäuseexperiment gentechnisch verhindert wurde.

Hätte Herr Blech die Studie genauer gelesen oder/und unser Basisprogramm gekannt, wäre ihm die Aufregung wegen vermeintlich darmentzündungsfördernder Omega- 3-Fettsäuren wohl erspart geblieben. Zumal anhaltende Erregung chronische Entzündung anheizt und das Immunsystem schwächt. Gerade da ist die optimale Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren und Selen ratsam.