Wenn Sie sich für Gesundheit interessieren, ist Ihnen der Begriff »Faszien « sicher schon mehr als einmal begegnet: Fernsehberichte, Zeitschriften, Zeitungen Bücher, Trainingsangebote und -hilfsmittel wie die »Blackroll« – der Hype um dieses Thema ebbt nicht ab. Doch was steckt dahinter? Wie wichtig sind die Faszien und müssen sie wirklich trainiert werden?

Was sind eigentlich Faszien?

Eine sehr direkte und plastische Vorstellung bekommen Sie, wenn Sie ein großes Stück Fleisch betrachten: Die feinen, dünnen, fast durchsichtigen Häute, die wir vor dem Braten abschneiden, sind Faszien. Sie bestehen aus Bindegewebe und umgeben all unsere Zellen – die Nerven, Muskeln, Sehnen, Knorpel und Knochen. Je kleiner die Struktur ist, desto feiner sind die bindegewebigen Häutchen.

Eine trennende Verbindung

Sie trennen die unterschiedlichen Bestandteile voneinander und halten dadurch unseren Körper in seiner Form. Würde man den Inhalt komplett herausnehmen und nur die Faszien übrig lassen, hätte man ein sehr feines weißliches Gerüst, das den Körper bis in kleinste Details zeigt – weil die Faszien überall und miteinander verbunden sind. Zwischen den Faszien fließt die Lymphe. Sie ist für den Transport von Nähr- und Abfallstoffen zuständig und ein wesentlicher Bestandteil unseres Immunsystems.

Kommunikationsorgan des Körpers

Faszien sorgen nicht nur für die Stabilität des Körpers, sondern auch für Kommunikation: Sie sind mit unzähligen Nervenzellen ausgestattet und reagieren entsprechend empfindlich auf Reize. Da die Faszien alle miteinander verbunden sind, können sie Reize durch den ganzen Körper leiten – ein Aspekt, der für die Schmerztherapie sehr wichtig ist. Er erklärt, warum Schmerzen nicht immer am Ort der Ursache auftreten und warum manche Schmerzen verschwinden, obwohl an ganz anderer Stelle eingegriffen wurde. Auch die Wirkung von Akupressur, Yoga und Massage beruht darauf. Faszien kommunizieren auch direkt mit den Muskeln und lösen dort Veränderungen aus. Nachgewiesen ist beispielsweise, dass bei Stress die Faszien ihre Spannung erhöhen. Das erhöht wiederum die Spannung der entsprechenden Muskeln: Sie spüren das dann zum Beispiel als verspannten und leicht schmerzenden Nacken.

Verklebte Faszien durch Bewegungsmangel

Von Natur aus sind Faszien beweglich und sehr elastisch, denn sie machen jede unserer Bewegungen mit. Sie gleiten dann geschmeidig aneinander vorbei und drücken dabei gleichzeitig die Lymphflüssigkeit weiter. Unser bewegungsarmer Lebensstil jedoch bewirkt oft das Gegenteil: Wenn wir viel sitzen, wird die Lymphe nicht weitertransportiert und staut sich. Dann bildet sich aus dem Blutgerinnungsstoff Fibrinogen, der in der Lymphe enthalten ist, Fibrin. Das ist der körpereigene Klebstoff, der eigentlich für die Wundheilung gedacht ist. Statt einer Verletzung des Gewebes verklebt er nun die Faszien. Das steife Gefühl beim Aufstehen ist ein Zeichen dafür, denn die Bewegung zerrt nun unangenehm an diesen Stellen. Sind die Faszien verklebt, engen sie auch ihre zugehörigen Muskeln ein. Oft sind auch Nerven betroffen und dann schmerzen Bewegungen wegen der vielen Rezeptoren besonders.

Im Alltag kaum zu diagnostizieren

Es gibt inzwischen hocheffektive Geräte, die solche Verklebungen der Faszien sichtbar machen können. Sie sind jedoch so neu und so teuer, dass sie in Arztpraxen noch nicht verbreitet sind.

Wasser für geschmeidige Faszien

Faszien bestehen zum Großteil aus Wasser sowie aus dem dehnbaren, aber doch zugfesten Kollagen und dem flexiblen Elastin. Wenn das Verhältnis zwischen diesen beiden Proteinen und dem Wasseranteil in den Faszien stimmt, arbeiten die Faszien am besten. Andernfalls werden sie spröde und reiben dann rau und hakelig aneinander vorbei, statt geschmeidig zu gleiten. Trinken Sie deswegen jeden Tag mindestens 30 Milliliter Wasser pro Kilogramm Körpergewicht, also bei 70 Kilo 2,1 Liter.

Der Arzt diagnostiziert dann »unklare Schmerzen« – das betrifft 80 Prozent aller Rückenbeschwerden. Die Empfehlung lautet in diesen Fällen: mehr Bewegung. Wer sich danach richtet, wird feststellen: Genau das hilft!

Faszientraining: Muss das sein?

Bewegung ist neben genug Flüssigkeit (siehe Kasten) das Lebenselixier der Faszien. Wenn Sie sich im Alltag viel bewegen und sich problemlos in alle (!) Richtungen recken, strecken, dehnen, drehen und bücken können, ohne dass es irgendwo ziept, dann geht es Ihren Faszien gut. Klappt das aber nicht, ist ein gezieltes Training angebracht. Sportler nutzen es auch zur Verbesserung ihrer Leistung. Dafür eignen sich die bekannten Dehnübungen, die federnd oder wippend ausgeführt werden, oder eine Selbstmassage der Faszien mit Hilfsmitteln wie Bällen oder Rollen.

3 Tipps für richtiges Rollen

Wichtig ist immer, dass Sie nicht über Ihre Schmerzgrenze gehen: Es darf ziehen, aber nicht stark schmerzen. Es sollte ein Gefühl von »Wohlweh« oder »good pain« entstehen und Hautrötungen durch die angeregte Durchblutung sollten spätestens nach zwei Minuten nicht mehr zu sehen sein. Beherzigen Sie also diese drei Tipps:

1. Für geschmeidige Faszien und einen guten Lymphfluss rollen Sie langsam und mit nur leichtem Druck. Das ist das richtige, um Verklebungen der Bindegewebshäute zu lösen. Sie können es jeden Tag einsetzen.

2. Schnelles, intensives Rollen erhöht die Spannung im Bindegewebe und wirkt dadurch straffend. Das sollten Sie aber nur alle drei Tage machen, nicht öfter.

3. Außerdem sollten Sie sich nicht während des Rollens auf der belasteten Körperregion drehen, denn das quetscht und ist sehr schmerzhaft.

Gerade wenn Sie das erste Mal rollen, sollten Sie besser nicht zur bekannten »Blackroll« greifen. Die ist sehr hart und das Rollen wird schnell schmerzhaft. Als Einsteiger können Sie jede Rolle nehmen, die nicht so hart ist – auch die preiswerten vom Discounter.