Ist es harmlos, die Magensäure zu vermindern?

Seit ungefähr 30 Jahren kommen Medikamente zum Einsatz, mit denen die Bildung der Magensäure weitestgehend – um nahezu achtundneunzig Prozent – gehemmt werden kann: die sogenannten Protonenpumpenhemmer, abgekürzt PPI (Pantoprazol, Omeprazol, Esomeprazol).

Zur Therapie eines Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürs oder einer refluxbedingten Speiseröhrenerkrankung kann ein Protonenpumpenhemmer gewiss hilfreich sein. Offensichtlich werden diese Mittel aber mehr und mehr auch bei geringerer Notwendigkeit verordnet, etwa bei gelegentlichem Sodbrennen oder bei unklaren Bauchschmerzen. Zudem wird einem Großteil aller Patienten, die aus anderen und unterschiedlichen Gründen im Krankenhaus behandelt wurden, da Pantoprazol als „Magenschutz“ verordnet, mit der Anweisung das Medikament weiter zu nehmen. So gelangten die Protonenpumpenhemmer in der Liste häufigst verordneter Medikamente auf Platz 2, hinter den Statinen (Medikamente zur Cholesterinsenkung).

Aus der Verordnungshäufigkeit ist zu ersehen: Protonenpumpenhemmer werden in mancher Klinik und Praxis sehr großzügig verordnet – in manchen Fällen anscheinend mit ungesicherter Indikation, in zu hoher Dosierung und zu lange.

In der Regel ist nämlich nach der Akutbehandlung von Patienten mit Magengeschwür oder Refluxösophagitis (rückflussbedingter Entzündung der Speiseröhrenschleimhaut) die allmähliche Dosisreduktion und anschließend die bedarfsweise, sporadische Anwendung (Stepdown-Medikation) empfohlen.

Der prophylaktische langfristige Einsatz von Protonenpumpenhemmern während der Behandlung mit Antikoagulantien (blutgerinnungshemmenden Mitteln), Antirheumatika (NSAR) oder Corticoiden kann für Risikopatienten mit Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür in der Vorgeschichte ratsam sein, aber nicht allgemein.

Probleme bei fehlender Magensäure

Gerade bei länger dauernder Anwendung von Protonenpumpenhemmern müssen nämlich Veränderungen und Probleme beachtet werden, die bei fehlender Magensäure entstehen:

  • die Absorption und damit die Bioverfügbarkeit von Kalzium, Kupfer, Eisen, Zink, Vitamin B12, Folsäure und anderen Schutzstoffen wird beeinträchtigt
  • die Pepsinbildung schwindet
  • die Aufschließung von Proteinen wird vermindert
  • der resultierende Mangel an essenziellen Aminosäuren: Phenylalanin, Leucin, Methionin, Lysin, Isoleucin, Valin, Threonin, Tryptophan, Histidin, Cystein schwächt lebenswichtige Funktionen im Organismus
  • bei Mangel an Phenylalanin und Tryptophan kann Ängstlichkeit und Depression zunehmen
  • Nahrungsproteine können unverdaut in den Darm – und bei dessen Undichtigkeit (leaky gut) sogar in die Blutbahn – gelangen. Da wirken sie entzündungsfördernd und allergen.
  • chronische Entzündung der Darmschleimhaut begünstigt das Entstehen des leaky gut Syndroms („Sickerdarm“) und so
  • das Entstehen von Nahrungsmittelallergien.
  • Bei fehlender Magensäure können Bakterien und Pilze mit der Nahrung ziemlich ungehindert in den Darm gelangen. Dadurch kann Gasbildung, Blähungen, Sodbrennen(!) und Reizdarm mit Wechsel von Durchfall und Verstopfung entstehen.
  • Krankheitserreger können den – physiologisch fast keimfreien – oberen Dünndarm besiedeln
  • unter Therapie mit Protonenpumpenhemmern sind Infektionen mit Clostridium difficile – einer der häufigsten Krankenhauskeime – mehr als zweifach häufiger.

Im Bewusstsein dieser Zusammenhänge sollte die Bildung der Magensäure niemals leichtfertig gehemmt werden. Dabei steht die sorgfältig erwogene Verordnung von Protonenpumpenhemmern bei Magengeschwür, Speiseröhrenentzündung oder dem (sehr seltenen) Zollinger-Ellison Syndrom (erblich bedingte Krankheit, die zu Überproduktion von Magensäure führt) selbstverständlich außer Zweifel. Konsequent abzuraten ist von der Anwendung bei vagen Symptomen. Primär sollte Reflux und Sodbrennen vermindert werden durch:

  • Reduktion des Bauchvolumens, einfach zu erreichen durch kohlenhydratreduzierte Nahrung
  • Meiden von zuckerhaltiger Kost.
  • Meiden übermäßiger Nahrungsportionen.
  • Meiden von kohlensäurehaltigen und alkoholischen Getränken.
  • Meiden schwerverträglicher Nahrungskomponenten.
  • Dinnercancelling (nicht abends noch essen)
  • Zwerchfellkräftigung (Tiefenatmung).

Besser: Natürliche Unterstützung

Mit diesen einfachen, ganzheitlich gesundheitsfördernden, Veränderungen bisheriger Gewohnheiten wird manche Einnahme magensäurehemmender Medikamente unnötig sein. Anderenfalls muss auf die Bewahrung der Darmflora mit Symbiontenkulturen und die Nahrungsergänzung mit essenziellen Aminosäuren, mit pflanzlichen Schutzstoffen, mit Vitamin D, Vitamin B 12 und Folsäure mit Kalzium, Eisen und Spurenelementen, vor allem Selen, besonders geachtet werden. Intelligente Vorbeugung mithilfe natürlicher Mittel kann manches Leiden samt belastender Therapie ersparen.

Dr. Jonathan Wright, ärztlicher Leiter der naturheilkundlichen Tahoma-Klinik in Washington, USA, sieht eine wahrscheinliche Ursache von Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, löchrigen Darmwänden (leaky gut), Autoimmunkrankheiten, Depressionen und abnormer Müdigkeit in fehlender Magensäure.

Zum Sodbrennen erklärt er: „Das, was fälschlicherweise als ‚säurebedingte Beschwerden‘ bezeichnet wird, ist fast immer mit zu wenig und nicht mit zu viel Magensäure verbunden.“ In der Tahoma-Klinik werden konsequenterweise Messungen des Säuregrades im Magen und des Muskeldrucks im Speiseröhrensphinkter regelmäßig durchgeführt. Davon ausgehend empfiehlt Dr. Wright die Anwendung von magenfunktionsfördernden Naturstoffen.

Magenfunktionsfördernde Naturstoffe

  • von Bitterstoffen aus Artischocke, Enzian, Hopfen, Schafgarbe und Wermut in kleinen Mengen
  • von Anis, Fenchel und Kümmel und vor allem
  • von Curcuma, Ingwer, Peperoni(!), Apfelessig oder Zitronensaft.

Von diesen Naturstoffen werden die Magenfunktionen in physiologischer Weise angeregt, anstatt – wie derzeit meist üblich – gehemmt. Aus konventioneller medizinischer Sicht mag das unwirksam oder bedenklich anmuten. Selbstverständlich sollten diese Mittel bei Magenschleimhautentzündung oder -erosion nicht auf eigene Faust angewendet werden. Da ist der Einsatz von Protonenpumpenhemmern indiziert.

Hingegen hat sich bei sporadischem Reflux und Sodbrennen, bei Verdauungsstörungen, leaky gut Syndrom mit Nahrungsunverträglichkeit und Immunstörungen die Anwendung von pflanzlichen Bitterstoffen, von Curcuma und Ingwer zu jeder Mahlzeit, dazu von geeigneten Symbiontenkulturen vielfach als hilfreich erwiesen.

So kann mit einfachen natürlichen Mitteln manche Funktionsstörung behoben und manche Folgeerkrankung verhindert werden.